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26.09.2021

Nordmann und Kuraray sind für die Zukunft gewappnet

Der weltweit tätige Chemiedistributeur Nordmann, Hamburg, vertreibt GENESTAR™ PA9T seines Partners Kuraray Co. Ltd., Japan, die eine Voraussetzung für die Weiterentwicklung der Elektromobilität in der Automobilindustrie darstellen. 

Eine der größten Herausforderungen der Automobilindustrie ist die Erhöhung der Reichweiten ihrer neu entwickelten Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb. Ein Weg auf der Suche nach einem besseren Wirkungsgrad ist der Trend zu höheren Spannungen der Batteriesysteme. Während früher entwickelte Elektrofahrzeuge eine Batteriespannung von 300-400 VDC verwendeten, nutzen neueste Entwicklungen wie der Porsche Taycan die Vorteile einer 800 V-Batterie. Aggregate, die solche Spannungen aushalten, erfordern immer leistungsfähigere Isolationsmaterialien, die überdies auch besonders leicht sein müssen.

 

GENESTAR™-Typen in Batteriekomponenten ermöglichen beides. Sie werden als gewichtssparende Metall-Alternativen eingesetzt und sind dank hoher Kriechstromfestigkeit leistungsfähige Isolationsmaterialien. Um ihre Materialgrenzen auszuloten, stellte Kuraray GENESTAR™ PA9T auf den hauseigenen Prüfstand. Das Ergebnis: GENESTAR™ toppte die aktuellen Höchstwerte von 600 V. Selbst bei 750 V zeigten drei gängige GENESTAR™-Typen keinen elektrischen Durchschlag.

 

Vergleichender Trackingindex

 

Ein elektrischer Durchschlag, auch Tracking genannt, entsteht durch die Bildung eines elektrischen Pfades bei Degradation der Oberfläche eines Isoliermaterials. Aus Vergleichs- und Konstruktionsgründen wird die Widerstandsfähigkeit eines Materials in den Comparative Tracking Index (CTI) übersetzt, der die höchste Spannung darstellt, die ein Material bei 50 Tropfen einer Ammoniaksalzlösung ohne Tracking besteht. Materialien mit hohem CTI haben eine bessere Kriechstromfestigkeit und ermöglichen es Designern, Bauteile mit kleinerem Kriechabstand zwischen den Leitern (siehe Abb. 1) zu konstruieren, wie in der Norm IEC 60664-1 zur Isolationskoordination spezifiziert.

Abb. 1: Kriechstrecke (kürzester Weg zwischen zwei leitenden Teilen) gegen Luftstrecke (kürzester Abstand zwischen zwei leitenden Teilen)

Abb. 1: Kriechstrecke (kürzester Weg zwischen zwei leitenden Teilen) gegen Luftstrecke (kürzester Abstand zwischen zwei leitenden Teilen)

Zur besseren Reproduzierbarkeit der Tests mit vergleichbaren Standards wurden verschiedene Performance Level-Kategorien (PLC) eingeführt (siehe Tab. 1), wobei 0 die höchste Klasse ist und anzeigt, dass auch bei 600 V kein Tracking stattgefunden hat. Heutzutage werden immer mehr Kunststoffe in die Klasse 0 eingestuft, bedingt durch ihre natürlichen Eigenschaften wie bei Polyphtalamiden (PPA) oder durch Additive, die die Kriechstromfestigkeit bei bestimmten Qualitäten von PPS und PBT erhöhen.

 

Vor dem Hintergrund immer höherer Spannungen und kontinuierlich kleiner werdender Bauteile stellt sich die Frage, ob die PLC-Klassen auf mehr als 600 V erweitert werden können. Aber um wie viel? Wo liegt das tatsächliche Limit?

 

Aus wissenschaftlicher Neugierde hat die Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Kuraray diese Frage vertieft und eine Testreihe gestartet, um die Grenzen von GENESTAR™ PA9T zu finden. GENESTAR™ PA9T ist ein langkettiges PPA, das sich durch seine geringe Wasseraufnahme auszeichnet. Die meisten Typen – von unverstärkten bis halogenfreien V0-Typen mit 30% Glasfaserverstärkung – weisen einen CTI > 600 V oder die PLC-Klasse 0 auf.

Tab. 1: PLC-Klassen entsprechend der max. Spannung

Tab. 1: PLC-Klassen entsprechend der max. Spannung

Ergebnisse

 

In einem ersten Versuch wurden CTI-Messungen nach der IEC 60112-Norm  vorgenommen und die Spannung auf 625 V hochgefahren. Dabei stellte sich heraus, dass die 600 V-Obergrenze der aktuellen PLC-Klassen höchstwahrscheinlich durch den Versuchsaufbau verursacht wurde, da teilweise ein Tracking über die Luft auftrat (Abb. 2, oben). Es ist anzunehmen, dass dieser Durchschlag durch den Rand der Elektrode hervorgerufen wurde. Studien belegen, dass ein solcher Rand eine höhere Feldstärke als eine ebene Oberfläche verursacht. Um dieses Problem zu umgehen, wurden die Elektroden um 180° gedreht. Dies führte zu einem größeren Abstand zwischen den Elektroden und der abgewandten Elektrodenkante, bei gleichbleibendem Abstand (Abbildung 2, unten).

Abb. 2: Eine Drehung der Elektroden um 180° ermöglicht die Messung des CTI über 600 V

Abb. 2: Eine Drehung der Elektroden um 180° ermöglicht die Messung des CTI über 600 V

Mit dieser kleinen Anpassung konnte die Spannung auf 750 V hochgefahren werden, ohne die Kriechstromfähigkeit des Materials zu beeinflussen. Bestätigt wurde dies durch Kontrollmessung eines Materials mit einem CTI von 550 V.

 

Bei dem Aufbau wurden fünf GENESTAR™-Typen mit einer Spannung von bis zu 750 V gemessen (siehe Tab. 2). Für nur zwei Qualitäten, eine standardmäßige unverstärkte (N1000A-M41) und eine standardmäßige 30% GF-Qualität (G1300A-M41), wurde ein Tracking bei jeweils 675 V und 725 V beobachtet. Für die anderen Typen wurde auch bei 750 V kein Tracking beobachtet.

 

Es ist festzustellen, dass sich anorganische Füllstoffe wie Glasfasern positiv auswirken, da alle GF-verstärkten Typen eine höhere Kriechstromfestigkeit aufwiesen oder gar keine Entladung bei 750 V verursachten. Bei der unverstärkten Type liegt ein Tracking bei 675 V immer noch weit über dem aktuellen Maximalwert. Aufgrund der höheren Duktilität kann eine ausgezeichnete Beständigkeit gegen Hitzeschockrisse angenommen werden. Dadurch stellen die GENESTAR™-Typen unter anderem eine ideale Lösung für umspritzte Metallteile dar.

 Tab. 2: Bewertung der GENESTAR™ Typen

Tab. 2: Bewertung der GENESTAR™ Typen

Obwohl der Versuchsaufbau nicht über 750 V hinausging, zeigen diese Experimente, dass es einen großen Spielraum über 600 V gibt, da für gängige GENESTAR™-Typen sogar bei 150 V über der Grenze kein Tracking beobachtet wurde.